Als meine 75-jährige Mutter ein Buch bei mir zu Hause zum Thema Waldbaden entdeckte, schaute sie mich ratlos an und sagte: „Zum Spazierengehen im Wald brauchen wir jetzt also ein Buch?“ Meine Mutter als ehemalige Biologie-Lehrerin und Hobby-Pflanzen-Bestimmerin ist schon seit jeher sehr achtsam durch die Natur gegangen. Als Kind unterstützte sie mich dabei, mir einen Spaß daraus zu machen, Dinge zu entdecken: von kleinen Tieren bis hin zu besonders schönen Blümchen wie beispielsweise das Buschwindröschen.
Beim Waldbaden geht es jedoch nicht darum, jede Pflanzenart zu benennen (was ich bis heute mangels Interesses noch immer nicht kann), sondern den Wald mit allen Sinnen wahrzunehmen und sich ganz bewusst auf die eigene Atmung zu konzentrieren. Ziel vom Waldbaden ist es also nicht, besonders viel zu erledigen und zu tun, sondern im Wald zu SEIN.
Die Zeit, die wir in der Natur verbringen, hat eine therapeutische Wirkung auf unseren Körper und Geist. In unserer schnelllebigen Welt bietet das Waldbaden ein tolles, ausgleichendes Element zu den Belastungen des Alltags. Es bietet eine Möglichkeit, dem Alltagsstress zu entfliehen, zur Ruhe zu kommen und sich mit der Natur zu verbinden.
Obwohl das Waldbaden als moderne Praxis relativ jung ist, baut es auf einer langen Tradition des Naturerlebens und der Verbundenheit mit der Umwelt auf. Es integriert dabei auch Elemente aus verschiedenen Bereichen wie Medizin, Psychologie, Achtsamkeit und ökologischem Bewusstsein, um eine ganzheitliche Herangehensweise an Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern.
Wer öfter in der Natur ist, wird sich bestätigt fühlen, dass der Wald einfach ein Ort der Ruhe und Schönheit ist. Im Wald können wir die Entschleunigung spüren. Wenn wir uns auf das Waldbaden einlassen, öffnen wir uns für die Erfahrung, die der Wald bietet. Das bedeutet, bewusst und achtsam zu sein, während wir durch den Wald gehen, die Umgebung betrachten, die Geräusche hören und die Düfte wahrnehmen. Wir genießen den Moment und die Verbindung mit der Natur.
Positive Auswirkungen von Waldbaden
Natürlich gibt es auch Studien zum Thema Waldbaden. Dabei wurde eine Vielzahl an positiven Auswirkungen des Waldbadens auf die körperliche und geistige Gesundheit nachgewiesen. Einige positive Auswirkungen auf unseren Körper sind im Folgenden beschrieben:
- Waldbaden senkt den Blutdruck und die Pulsfrequenz.
- Es verringert die Konzentration von Stresshormonen im Blut.
- Es erhöht die Anzahl an natürlichen Killerzellen und deren Aktivität.
- Es stärkt die menschliche Immunfunktion.
- Es fördert die körperliche Aktivität.
Zusätzlich zu dem positiven Einfluss auf unseren Körper, steigert das Waldbaden auch unsere seelische Gesundheit. Durch das Beobachten und Genießen können wir mal vom Alltag abschalten und auf andere Gedanken kommen. Beim Genießen der Atmosphäre kommen wir auch in einen entspannteren Zustand. Wir können die frische Luft atmen, uns körperlich bewegen und neue Dinge entdecken. Weitere positive Einflüsse des Waldbadens sind:
- Waldbaden reduziert Niedergeschlagenheit und Missmut und führt daher zu einer verbesserten Stimmungslage.
- Es reduziert demnach den Stress im Alltag.
- Es verbessert unser Wohlbefinden.
- Es reduziert die Anspannung und wirkt psychisch entspannend.
Nach dem Waldbaden fühlen sich Teilnehmende zufrieden, entspannt und gleichzeitig erfrischt und kreativ. Des Weiteren wirkt Waldbaden inspirierend und unterstützt uns dabei, die eigenen Akkus wieder aufzuladen.
Was passiert eigentlich während einer Waldbaden-Einheit?
Was tatsächlich beim Waldbaden passiert, ist unterschiedlich. Je nachdem, was an dem Tag gewünscht oder gebraucht wird, können wir uns flexibel darauf einlassen. Sehr gerne möchte ich hier einige der Übungen, die ich beim Waldbaden anwende, einfach mal beschreiben. So kannst Du Dir besser vorstellen, was darunter zu verstehen ist und vielleicht probierst Du ja mal eine davon aus?
Übung 1 – Bewusstes Atmen:
Eine der grundlegenden Praktiken beim Waldbaden ist die bewusste Atmung. Durch tiefes Ein- und Ausatmen nehmen wir nicht nur den Duft des Waldes auf, sondern beruhigen auch unseren Geist und aktivieren das parasympathische Nervensystem. Dies führt zu einer erhöhten Entspannung und einem Gefühl von Gelassenheit.
Übung 2 – Achtsame Wahrnehmung:
Eine weitere Methode, die ich beim Waldbaden anwende, ist die achtsame Wahrnehmung. Das bedeutet, die Sinne zu schärfen und die Umgebung bewusst wahrzunehmen. Wir können die Textur der Baumrinde berühren, den Klang der Vögel hören, das Spiel des Sonnenlichts zwischen den Blättern beobachten und die Farben des Waldes bewundern. Durch diese achtsame Wahrnehmung vertiefen wir unsere Verbindung mit der Natur und nehmen die Schönheit und Harmonie des Waldes intensiver wahr.
Die achtsame Wahrnehmung kann sich auf all Deine Sinne beziehen, am besten ist es jedoch, wenn Du Dich pro Übung genau auf einen Sinn konzentrierst. So kannst Du zum Beispiel die unterschiedlichen Grüntöne im Wald wahrnehmen oder mal lauschen, was Du so alles hören kannst, obwohl es ja eigentlich ganz still ist.
Übung 3 – Bewegungsübungen:
Dazu gehören zum Beispiel langsame Spaziergänge, Yoga oder Qigong. Diese sanften Bewegungen helfen dem Körper dabei, zu entspannen, die Muskeln zu dehnen und die Energie fließen zu lassen. Die Verbindung von Bewegung und Natur verstärkt die heilende Wirkung des Waldbadens und fördert ein Gefühl von körperlichem und geistigem Wohlbefinden.
Meine Erfahrungen
Für meine ersten Waldbade-Erlebnisse im Jahr 2021 nahm ich mir ein ganzes Wochenende. Da es beim Waldbaden nicht um „schneller, höher, weiter“ geht, war es für mich sehr entspannt, mal ohne Ziel durch den Wald zu streifen. Mit im Gepäck hatte ich ein Karten-Set für Übungen und so machte ich mich auf den Weg.
Ich ging an denselben Ort an zwei Tagen hintereinander zu anderen Uhrzeiten. Das allein machte für mich schon einen großen Unterschied. An einem Tag schien die Sonne und am anderen lag alles im Nebel, beides übte eine Faszination auf mich aus. Dort war ein kleiner stiller See und ein „aufgeregter, unruhiger“ Bach, beides für sich war sehr beeindruckend.
Ich gestaltete aus vorhandenem Material ein Kunstwerk für mich. Dann setzte ich mich auf einen Baumstamm und lauschte aktiv den Geräuschen. Ich erkannte ein Spinnennetz, das ganz leicht im Wind wehte. Vor mir glitten Blätter ins Wasser und wurden von einem Stein aufgefangen. Die Bewegungen der Natur waren so herrlich entschleunigend.
Es war so still im Außen, dass ich mein Inneres sehr gut wahrnehmen konnte. So bekam ich zum Beispiel viele Inspirationen. Es ergaben sich für mich viele Analogien zwischen Arbeitsleben und der Natur. Es klingt seltsam, doch ich hatte plötzlich viele Ideen für meine Newsletter und Social Media Postings. Es war, als würden sich neue Assoziationen und Wege in meinem Kopf bilden und als würde mein Netzwerk im Gehirn erweitert werden. Ich ging nicht nur entspannt und gestärkt nach diesem Wochenende nach Hause, sondern hatte einige interessante Erkenntnisse über mich und viele Inspirationen zu meinem Arbeitsleben im Gepäck.
Waldbaden kannst Du jederzeit zu jeder Jahreszeit durchführen, Du brauchst nicht auf das perfekte Wetter zu warten. Probiere es einfach mal aus: Setz dich auf einen Stein oder auf einen Baumstamm und lausche. Wenn du Anregungen für weitere Übungen bekommen möchtest oder mal einfach ein geführtes Waldbaden ausprobieren möchtest, dann melde dich gern bei mir. Mehr zum Thema Waldbaden erfährst du auch hier.